Das “Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung” (BfnS) fordert die sofortige Abschaffung der Straßenausbaubeiträge.
Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung fordert die sofortige Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Göttingen und lehnt die für den 30.06.2020 im Finanzausschuss vorgelegte Verwaltungsvorlage [1] entschieden ab.
Insbesondere der Hinweis auf Corona-bedingte Einnahmeausfälle erscheint zweifelhaft, ist doch glaubwürdig in Aussicht gestellt worden, dass die Kommunen die Einnahmeausfälle, auch der Gewerbesteuer, in ausreichender Höhe durch ein Rettungspaket des Bundes kompensiert bekommen. Eine Signalsetzung, dass Kommunen in hohem Maße selbst für die Kompensation der Ausfälle sorgen, wäre im Vorfeld das falsche Signal. Es darf nicht dazu kommen, dass Kommunen, die keine Beiträge erheben, mehr Geld aus dem Rettungsfonds bekommen als solche, die die Bürger zum Straßenbau heranziehen und dann gegenüber dem Bund weniger Bedarf nachweisen können.
“Straßenausbaubeiträge sind sozial ungerecht und treffen, mit Beträgen von teilweise mehreren zigtausend Euro, wahllos Anwohner bestimmter Straßenzüge, die sich weder dagegen wehren noch auf die Planungen nennenswert Einfluss nehmen können. In Baugebieten der 1950er und 1960er Jahre, deren Straßen und Kanäle zunehmend sanierungsbedürftig werden, wird es immer mehr Menschen treffen, die aufgrund ihres Alters keine Kredite mehr bekommen und gezwungen werden, ihr Eigenheim zu verkaufen”, so Erika Lohe-Saul, Mitglied des Vorstandes.
Jüngste negative Beispiele wie in der Jakob-Henle-Straße zeigen zudem, dass den Anwohnern durch die Sanierungen zusätzliche Probleme entstehen. Dort müssen seit der erzwungenen Luxussanierung, die sie zu einem erheblichen Teil mitbezahlen müssen, Anwohner mit selbstgebastelten Verkehrsschildern auf ihren Grundstücken auf die Einhaltung der Verkehrsregeln hinweisen. Die Strecke lädt zum Rasen ein und die Stadt sieht sich seit der Sanierung nicht mehr in der Lage, die außer Kontrolle geratene Situation durch verkehrsbehördliche Regulation im Griff zu behalten. Das Problem der ungebremsten Raserei durch Wohngebiete taucht nach vielen Straßensanierungen auf.
“Diese Sanierungen sind heutzutage längst kein Segen mehr, sondern eine starke Belastung für die Anwohner”, so Peter Kops, Sprecher der Interessengemeinschaft Plesseweg. Dort sind vor wenigen Tagen bei einer ebenfalls im Vorfeld heftig kritisierten Luxussanierung wertvolle Straßenbäume stark beschädigt worden.
Die im März erfolgte Sanierung des Belags der Bismarckstraße durch den Göttinger Wald, die nach Ansicht des Bündnisses nicht nötig gewesen wäre und nur zu erhöhter Raserei führt (einen dadurch verursachten schweren Unfall hat es seitdem bereits gegeben), hat erneut gezeigt, dass die Stadt gegenwärtig offenbar eher zuviele finanzielle Mittel für den Straßenbau übrig hat.
Das “Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung” (BfnS) beklagt eine Kultur des jahrelangen Wegsehens vor menschenunwürdigen Zuständen.
Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung kritisiert anlässlich des jüngsten Corona-Ausbruchs im Wohnkomplex am Groner Tor das jahrelange Wegsehen der Stadt und der etablierten Parteien vor den Problemen. Seit Jahren ist bekannt, dass in dem von Investor Bruno Briese mit Unterstützung von Stadt und Sparkasse gebauten Hochhauskomplex Wohnverhältnisse bestehen, die immer wieder zu Recht als menschenunwürdig bezeichnet wurden. Immer und immer wieder kam es zu Feuerwehreinsätzen im sozialen Brennpunkt, niemand wollte daran etwas ändern. Alleine 2015-2019 war der Komplex mindestens neunmal in den Medien [1].
Die Corona-Pandemie setzt soziale Missstände der Städte und Länder wie ein Brennglas ins Licht. Das Bündnis widerspricht Versuchen, die Göttinger Ausbrüche herunterzuspielen mit dem Argument, solche Brennpunkte gebe es in allen Städten. Wenn es normal wäre, wäre jeden Tag eine andere Großstadt in der Tagesschau. Das ist nicht der Fall. Es gibt 80 Großstädte in Deutschland, keine ist frei von sozialen Problemen.
Göttingen hat es jedoch in den letzten Wochen mehrmals geschafft, in den deutschlandweiten Abendnachrichten als herausragender Corona-Hotspot dargestellt zu werden. Der Ruf der Universitätsstadt, die in einem Atemzug mit Gütersloh und Berlin genannt wird, hat massiv gelitten. Wenn Göttinger jetzt Gefahr laufen, ihren Sommerurlaub zuhause verbringen zu müssen, ist dies das Ergebnis einer jahrelang verfehlten Wohnungspolitik der Stadt.
Wiederholt gab es in den vergangenen Jahren Forderungen, die Wohnungen im Hochhauskomplex am Groner Tor, die immer wieder zum Verkauf stehen, sukzessive aufzukaufen, das Hochhaus am Ende abzureißen und menschenwürdigen sowie bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Angesichts der aktuellen Vorfälle hält es das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung für notwendig, diese Strategie zu verfolgen. Bisherige Lösungsversuche brachten nichts. Die Grünen hatten 2014 letztmalig erfolglos versucht, die Stadt dazu zu bewegen, sich um die Immobilie zu kümmern [2].
Aus vielerlei Gründen scheint es notwendig, ein Ende dieser unsozialen Wohnungspolitik herbeizuführen. Das Bündnis sieht es kritisch, dass Menschen sehr dicht gedrängt wohnen. Erfahrungen aus der Stadtplanung zeigen, dass soziale Durchmischung dem Entstehen von Konfliktbezirken entgegenwirkt und Integration besser gelingt.
Der Gemeinschaft entstehen durch derartig problematische Hotspots unzählige soziale und infrastrukturelle Folgekosten, welche auf lange Sicht zu einem unkalkulierbaren Risiko für die Stadt werden können – viel teurer, als jetzt damit zu beginnen, soziale und menschenwürdige Wohnbedingungen unter städtischer Verwaltung zu schaffen.
Allen etablierten Parteien ist vorzuwerfen, dass sie durch die kritiklose Unterstützung für den Bau des Sparkassen- und Hotelkomplexes gegenüber, bei dem alle 60 hohen Bäume gefällt wurden, die Qualität des Wohnumfeldes im Hochhaus noch einmal massiv verschlechtert haben. Die Hitzeentwicklung in den Sommermonaten ist seitdem deutlich gestiegen. Die Piraten hatten 2014 diese investorgesteuerten Planungen als einzige Partei rundweg abgelehnt – alle anderen haben sich nichts dabei gedacht, wertvolle Grünflächen mitten in der Innenstadt in eine reine Betonwüste zu verwandeln. Das Thema Wohnqualität im Stadtviertel war in der gesamten Sparkassen-Planung schlichtweg nicht existent, genauso wenig wie das Thema Klimawandel und Hitzeentwicklung.
Die Göttinger Probleme sind kein Zufall, sondern hausgemacht. Eine zentrale Rolle hierbei spielt immer wieder die Sparkasse, von der das Bündnis mehr Übernahme an gesellschaftlicher Verantwortung einfordert. Eine weitere frappierende Verbindung zu den Corona-Ausbrüchen in Gütersloh, bei denen seit Jahren menschenunwürdige Unterbringungen und sklavenähnliche Ausbeutungsverhältnisse kritisiert werden, hat ebenfalls die Sparkasse zu verantworten: Sie verkaufte 2019 ihr Grundstück am Markt ausgerechnet an eines der vielen Subunternehmen des Fleischfrabrikanten Tönnies und war nicht bereit, einen Käufer zu suchen, der ein Mindestmaß an sozialer Verantwortung zu übernehmen bereit war. Auch hier ging es nur ums Geld.
Die Sparkasse ist Teil der sozialen Probleme in dieser Stadt – das Bündnis beklagt auch hier eine Kultur des Wegsehens. Sehr gut sichtbar ist diese Kultur auch an diesem Beispiel:
Ein Hochhaus mitten im Grünen: geschickt wird im Göttinger Tageblatt der Bildausschnitt so gewählt, dass der Sparkassenkomplex nicht mit ins Bild kommt (19.06.2020, Copyright GT, hier zum Zweck der Dokumentation und Illustration einer politischen Aussage verwendet).
Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung (Der Vorstand) Francisco Welter-Schultes, Lukas Flinzberger, Erika Lohe-Saul, Werner Schulze
QUELLEN
[1] Pressedokumentation 2015 bis 2019, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Es gab viel mehr Feuerwehreinsätze.
In diesem Protokoll ist das pikante Detail interessant, dass “Ein Vertreter der Göttinger Hausverwaltung” zitiert wird. Dieser Vertreter war niemand geringeres als Bruno Briese selbst, der in den 1970er Jahren den Wohnkomplex bauen ließ – ein Investor, vor dem die Stadt 2014 immer noch so viel Respekt hatte, dass sie sich nicht traute, seinen Namen zu nennen, so wie dies von allen anderen Bürgern grundsätzlich verlangt wird.
Das “Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung” (BfnS) kritisiert Südlink Blockade in Hetjershausen.
Zwischen zwei Siedlungsinseln soll ein Kabel verlegt werden. Es strahlt nicht, es stinkt nicht, es ist ungiftig. Es sollte mal eine Hochspannungsfreileitung werden. Nach vielen Einwänden soll das Kabel nun in der Erde von der Nordsee nach Bayern verlaufen, um den Windstrom der Küste ins Land zu verteilen. In Göttingen ist ein Streifen Land von Elliehausen nach Süden durch Hetjershausen dafür vorgesehen.
Andere Trassenführungen wurden geprüft und verworfen, weil dort die Naturschäden größer, weil die Verlegestrecke länger gewesen wäre und weil diese Verläufe erheblich mehr gekostet hätten. So sprach nichts gegen dieses armdicke Kabel, auch der 2017 unter Bürgerbeteiligung aufgestellte Flächennutzungsplan 0) nicht, der keine Bebauung in Hetjershausen vorsah.
Nun begann der Rat der Stadt Ende letzten Jahres in nicht öffentlichen Sitzungen dennoch eine neue Wohnfläche im Bereich Flächennutzungsplans auszuweisen. Eine winzige Fläche, die Platz für nur einige wenige private Wohneinheiten bietet 1) 2). Eine Fläche, deren Planung laut Auftstellungsbeschluß vom 27.4.2020 3) im „beschleunigten Verfahren“ – ohne Durchführung einer Umweltprüfung – offenbar rekordverdächtig schnell zum Abschluss kommen soll. Es kann einem der Gedanke kommen, dass hier nicht nur die Planung einiger Häuser vorliegt, sondern dass diese passgenaue Fläche zwischen Deneweg und Brunnenbreite das Mittel zur gezielten Verhinderung der Trassendurchführung ist.
Wenn die Energiewende, deren wichtiger Teilbaustein die Südlinkverbindung 4) ist, allenthalben derartig kleinkariert durch Verhinderungsplanungen erschwert wird, kann der klimafreundliche Umbau des Landes nur schwer gelingen.
Um welche höheren Güter (z.B.im Sinne des Masterplans 100% Klimaschutz) könnte es unseren Stadtplanern mit dem Bau von Einfamiliehäusern im Landschaftsschutzgebiet wohl gehen?
Am 23. September 2019 trafen wir uns im Apex zu unserer offiziellen Gründungsversammlung. Erste Kontakte zwischen den Beteiligten gab es während verschiedener Veranstaltungen im Vorfeld der Europawahl, woraufhin wir gemeinsame Ziele feststellten und die Bündelung von Kräften als sinnvolles Ziel sahen. In mehreren Treffen konnten sich bis zu 15 Vertreter verschiedener Gruppen auf eine Grundsatzerklärung, sowie unsere Satzung verständigen, welche ohne Ausnahmen im Konsensprinzip erarbeitet wurden.