PM: Gartetalradweg-Ausbau

Das Büdnis für nachhaltige Stadtentwicklung sieht die Verantwortung für den gescheiterten Gartetalradweg-Ausbau beim Landkreis.

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung stellt sich in der Frage des auf Eis liegenden Ausbaus des Gartetalradwegs hinter die Stadt Göttingen. Diemardens Ortsbürgermeister Dirk Otter (SPD) hatte sich nach einer entsprechenden Ankündigung der Stadt Ende Juli “schockiert” gezeigt. Wenn die Stadtverwaltung das Projekt nun berechtigterweise auf Eis legt, dann liegt es auch daran, dass die Kreisverwaltung bei ihrer Planung die Wünsche einer Bürgerinitiative, des Göttinger Rates und des Ortsrates Geismar nicht berücksichtigt hatte – und mit einer kompromisslosen Planung provoziert hatte, dass weit über 400 Einwände im Planfeststellungsverfahren eingereicht wurden.

Hätten Ortsbürgermeister Otter und Kreisdezernentin Doreen Fragel, die ja durchaus mit der BI Gartetal Gespräche geführt hatten, die Lösungsvorschläge der BI aufgegriffen, die den in der Bevölkerung beliebten “Grüntunnel” auf einem etwa 400 m langen Teilabschnitt erhalten hätten, dann wären diese vielen Einwände nicht eingereicht worden und die nächsten Planungsschritte hätten schon längst durchgeführt werden können. Der Planungsvorgang verzögerte sich nur deswegen, weil die Stadt keine Personalkapazitäten hatte, diese vielen Einwände abzuarbeiten. Dass diese eingereicht wurden, lag definitiv nicht in der Verantwortung der Stadt. Die städtischen Gremien hatten die Wünsche der Bevölkerung berücksichtigt. Es war die Kreisverwaltung, die nicht offen für die konstruktiven Vorschläge der engagierten BürgerInnen war. Auf dem 400 m langen Teilabschnitt ging es allen Ernstes nur um 50 Zentimeter, den der Radweg dort hätte enger bemessen werden können, und der Grüntunnel wäre erhalten geblieben.

Es war bekannt, dass die Stadt jahrelang kaum Personal für Radwegplanung hatte. Das BfnS widerspricht entsprechend ausdrücklich der Kritik der Grünen im Kreistag, die Verzögerung sei ein Versagen der Stadtverwaltung. Es war die Kreisebene, die in ihrem Demokratieverständnis Defizite offenbarte. Mit den Menschen zu reden ist wichtig – aber ebenso wichtig ist es, zuzuhören und zu verstehen, dass Planungen nicht gänzlich ohne Kompromisse vonstatten gehen können. Kritische Akteure der BI hatten sich in Gesprächen vor Ort durchaus für einen sensiblen Ausbau des Gartetalradwegs ausgesprochen – und sich später sehr engagiert für den Radentscheid eingesetzt.

Radwegausbau ist wichtig – aber nicht, wenn dafür jahrelang Personal in einer Großstadt gebunden und dort die Modernisierung der jahrzehntelang vernachlässigten Radverkehrsinfrastruktur blockiert wird. Der Radentscheid hat nun der Stadt eine klare Aufgabenstellung zugewiesen. Wer in einer Demokratie nicht bereit ist, Kompromisse zu schließen bzw. anzubieten, stellt sich letztendlich selbst ein Bein. Auch Ortsbürgermeister Otter und der Ortsrat in Diemarden hätten sich das denken und frühzeitig auf die Kreisebene einwirken können. Durch das breite Engagement vieler BürgerInnen zeigte sich sehr früh, dass es weder in Diemarden noch in Geismar eine hohe Akzeptanz für eine Zerstörung des Grüntunnels im Gartetal gab. Wer engagierte BürgerInnen primär als Hindernis betrachtet und nicht als mögliche Bereicherung im Planungsprozess, und der Stadtverwaltung die schwierige Lösung der Akzeptanzproblematik aufbürdet, darf sich nicht beschweren, wenn es am Ende nicht weitergeht.


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –

PM: Demokratische Legitimation in der Radverkehrspolitik

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung (BfnS) sieht die Ratsmehrheit in der Radverkehrspolitik nicht mehr demokratisch legitimiert.

Das BfnS hält nach dem Radentscheid-Abstimmungsergebnis die radverkehrspolitischen Ansätze der Initiatorengruppe GöttingenZero für demokratisch legitimiert. Die von der gewählten Ratsmehrheit bislang vertretene Radverkehrspolitik sieht das BfnS hingegen als überholt an. Zu diesem Schluss kamen die Mitglieder bei ihrem Plenumstreffen am 24.06.2024.

Der Teil 1 des Radentscheides erhielt am 09.06.2024 eine Zustimmung von 54 % und damit eine Mehrheit. Der Bürgerentscheid ist für die Verwaltung bindend. In der konkreten Ausgestaltung hat die Verwaltung einen relativ großen Handlungsspielraum, da der zweite Bürgerentscheid, der genau das konkret vorgeschrieben hätte, abgelehnt wurde. Welche Fahrradstraßen wo verbessert und welche Straßen als Protected Bike Lanes (1,5 km pro Jahr) ausgewählt werden, steht nun zur Auswahl.

Im Umweltausschuss am 20.06.2024 lehnte es die Verwaltung entschieden ab, auf die Radentscheid-Initiatoren zuzugehen. Gespräche werde es nicht geben. Für die Parteien des Haushaltsbündnisses sprach die FDP der Initiatorin des Radentscheides jede demokratische Legitimation ab, da sie nicht in den Rat gewählt sei. Ihre demokratische Mitwirkung sei am 09.06.2024 erloschen.

Das BfnS sieht das anders. Verwaltung, SPD, CDU und FDP hatten einen sehr verbissenen Wahlkampf gegen den Radentscheid geführt – und verloren. Gewonnen hat die Abstimmung die Klimaschutzgruppe GöttingenZero. Ein Bürgerentscheid korrigiert Ratspolitik und steht über einem Ratsvotum. Insofern macht es auch wenig Sinn, wenn die Umsetzung des Bürgerentscheids nun ausschließlich im Umweltausschuss eingebracht und dort mit den Verlierern der Abstimmung abgeklärt wird.

Erwiesenermaßen hat die Klimaschutzgruppe ein besseres Gespür dafür, welche verkehrspolitische Ausrichtung in der Bevölkerung bevorzugt wird. Im Fall des Gartetalradwegs zeigt sich, wie erfolglos und wie wenig handlungsfähig Verwaltung ist, wenn sie die Sorgen und Wünsche der Bevölkerung gänzlich ignoriert. Der erste Göttinger Bürgerentscheid sendet eine klare Botschaft: Für sichere Radwege soll nicht noch mehr Natur zerstört werden, sondern es sollen Verkehrsräume genutzt werden, die bislang dem Auto vorbehalten waren. Genau das ist umzusetzen.

Die naheliegende Vorgehensweise wäre nun die, dass die Verwaltung versucht, mit GöttingenZero Gespräche zu führen und Kompromisse für konkrete Vorhaben und Priorisierungen auszuloten – damit die Unzufriedenheit mit der städtischen Verkehrspolitik nicht noch weiter zunimmt.


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –

PM: Fahrbahndecken-Sanierung in der Bürgerstraße als Missachtung des Bürgerentscheids

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen kritisiert die Fahrbahndecken-Sanierung in der Bürgerstraße als Missachtung des Bürgerentscheids.

Das BfnS kritisiert die Sanierung der Fahrbahndecke in der Bürgerstraße als erste Weichenstellung in der Reaktion auf den Bürgerentscheid vom 09.06.2024 – und als Missachtung der im Radentscheid 1 in Absatz 5 Satz 2 getroffenen Entscheidung, den Umbau der Bürgerstraße prioritär zu behandeln. Das BfnS wirft der Stadt vor, gar nicht vorzuhaben, den Bürgerentscheid in diesem Punkt umzuzsetzen. Die Entscheidung der Stadt zieht zudem weitere Konsequenzen im Hinblick auf eine unveränderte Verkehrsführung am Rosdorfer Weg bis zum Brauweg nach sich.

Von besonderer Dringlichkeit wurde bereits 2016 die Verbreiterung des Radwegs an der Südwestseite erkannt. Von Bedeutung ist insbesondere der Abschnitt zwischen Groner Tor und Rosdorfer Weg, welcher eine bedeutende Verbindung zwischen Teilen der Südstadt und dem Bahnhof bildet. Die Umgestaltung dieses Abschnitts der Bürgerstraße wurde 2016 von den Grünen beantragt und im Dezember 2016 im Bauausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen von CDU und FDP beschlossen. Die Verwaltung erarbeitete zwar ein Konzept, setzte dies jedoch danach nicht um. Im 2018 vom Rat beschlossenen Radverkehrsentwicklungsplan war der Umbau der Bürgerstraße als prioritäres Projekt aufgeführt – auch diesen Beschluss setzte die Verwaltung nicht um.

Durch die nun in den Sommerferien vorgenommene Sanierung der Fahrbahndecke auf der Bürgerstraße zwischen Groner Tor und Lotzestraße wurde bereits jetzt die Entscheidung getroffen, die Bürgerstraße auch weiterhin nicht im Sinne der demokratisch gefassten Beschlüsse umzubauen. Bei einem Umbau müsste der Unterbau der Straße auf der Südwestseite verändert, die Mittelinsel entfernt und die Kfz-Fahrbahn um etwa 1,50 Meter nach Nordosten verschoben werden. Hierzu muss im ersten Schritt die Fahrbahndecke abgefräst werden.

“Es ist vollkommen klar, dass die Stadt die Fahrbahndecke in diesem Sommer nicht erneuert, nur um sie kurze Zeit später bei einer Umsetzung des Bürgerentscheids wieder abzufräsen. So vorzugehen wäre eine massive Verschwendung von Steuergeldern. Bereits in den ersten Tagen nach dem Votum an der Wahlurne missachtet die Stadt die demokratisch getroffene Entscheidung von 27500 Einwohnerinnen und Einwohnern dieser Stadt – ganz davon abgesehen, dass sie auch den vom Rat beschlossenen Radverkehrsentwicklungsplan missachtet”, so Francisco Welter-Schultes, Mitglied des Rates.

Die Verwaltungsspitze hat massiv Wahlkampf gegen den Radentscheid betrieben und, wie sich an diesem Detail zeigt, nicht damit gerechnet, dass sie verlieren könnte. Die Beauftragungen an die Firmen zur Fahrbahndeckensanierung sind lange vor der Abstimmung herausgegangen. Die Verwaltung wusste genau, dass der Umbau der Bürgerstraße in beiden Radentscheiden als vorrangiges Projekt aufgeführt war, und hatte dennoch bereits vor der Abstimmung entscheiden, ein positives Votum der Wahlbevölkerung zu missachten.

Was auch immer die Verwaltung in den Sommerferien zur geplanten Umsetzung des erfolgreichen Bürgerentscheids ausarbeitet – der Umbau der Bürgerstraße zwischen Groner Tor und Rosdorfer Weg wird nicht dabei sein. Die Entscheidung hat im Dominoeffekt Auswirkungen auf die zukünftige Gestaltung der Fahrradverbindungen im gesamten Stadtviertel zwischen Groner Tor und Jahnstadion.

Eine Protected Bike Lane und eine Freigabe des Nordteils des Rosdorfer Wegs in Gegenrichtung der Einbahnstraße wird nun ebenfalls sehr unwahrscheinlich – denn es macht keinen Sinn, den Rosdorfer Weg im Nordabschnitt für den Radverkehr Richtung Bahnhof freizugeben, wenn Fahrräder dann an dem kurzen Abschnitt der Bürgerstraße zum Groner Tor den Radweg nicht in der Gegenrichtung benutzen dürfen. Das wiederum bedeutet, dass eine Protected Bike Lane am Rosdorfer Weg zwischen Schiefer Weg und Brauweg auch weitgehend sinnfrei wäre, da bereits jetzt entschieden wurde, dass es in absehbarer Zeit keinen legalen Anschluss Richtung Bahnhof geben wird.

Diese Strecke stand ausdrücklich im Radentscheid 2. Der Radentscheid 2 wurde in Göttingen zwar mit 46 % Zustimmung mehrheitlich abgelehnt, jedoch votierte die ansässige Bevölkerung in den Wahlkreisen des Leineviertels und der Südstadt (Wahlbezirke 503, 504, 505, 521) mit fast 60 % für den Radentscheid 2 (für den Radentscheid 1 mit 68 %).

Die Stadt könnte in ihrer Erwägung, welche Straßen für die im Radentscheid 1 beschlossenen 1,5 km Protected Bike Lanes pro Jahr in Frage kommen, auch den Rosdorfer Weg berücksichtigen – hat sich jedoch bereits jetzt dagegen entschieden und schafft gegen den ermittelten Willen der örtlichen Bevölkerung vollendete Tatsachen, ohne den Rat zu konsultieren.

“Die hohe Zustimmung für den Radentscheid 2 in einigen Stadtvierteln würde ich als Schuss vor den Bug verstehen. Die Stadt ist mit dem abgelehnten Radentscheid 2 gerade nochmal mit einem blauen Auge davon gekommen und kann nun freier auswählen, welche Straßen sie als Protected Bike Lanes ausweisen und wann und in welchen Abschnitten sie die Bürgerstraße umbauen will. Wenn sie den abgelehnten Radentscheid 2 allerdings als Lizenz begreift, jetzt gar nichts konkret tun zu müssen und sie in den Stadtvierteln nichts an den Verkehrsführungen wirklich ändert, hat sie die Lektion nicht verstanden”, so Welter-Schultes.


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –

PM: Einzelpunkte im Radentscheid 1 fielen nicht vom Himmel

BfnS-Analyse zeigt: die Einzelpunkte im Radentscheid Nummer 1 fielen nicht vom Himmel!

Viele der Forderungen, die im Radentscheid 1 enthalten waren und am 09.06.2024 durch das Mehrheitsvotum von der Bevölkerung beschlossen wurden, entsprechen verkehrspolitischen Anliegen, die an die Verwaltung schon seit vielen Jahren herangetragen wurden und bei denen Verwaltung oder Ratsmehrheit beständig weggehört haben. Diese Probleme sind nicht verschwunden, sie hatten sich angestaut. Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung hat eine Auswahl an Anträgen zusammengestellt, die zu den einzelnen Kapiteln im Radentscheid passen. Dabei ist festzustellen, dass sich beim Thema Radverkehr fast alle Parteien dieser Aufgabe gestellt hatten.

Die Liste der Anträge, die seit Jahren erfolglos gestellt wurden, und die durch den angenommenen Radentscheid nun alle in eine direkte Beauftragung der Verwaltung münden, ist erstaunlich lang. Sie umfasst mindestens 19 Anträge ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Fast zu jedem Kapitel muss die bisherige Haltung von Stadtverwaltung oder Rat revidiert werden. Manche Anträge wurden von der Ratsmehrheit abgelehnt, manche wurden behandelt und dann von der Verwaltung abgelehnt und nicht umgesetzt, etliche wurden nach dem Einbringen gar nicht erst behandelt.

Wenn Probleme wie Raserei in Wohngebieten oder das illegale Durchfahren der Innenstadt mit Privatautos und Lieferdiensten nach 11 Uhr über Jahre nicht angegangen werden, erzeugt auch das große Unzufriedenheit. Im Radentscheid haben sich lange aufgestaute Unzufriedenheiten entladen. Wäre nicht so beständig jede neue Idee abgelehnt worden, und wäre die Stagnation in der Verkehrspolitik nicht so sehr auf die Spitze getrieben worden, dann wäre kaum jemand auf die Idee gekommen, 16 Monate harte Arbeit zu investieren und einen Bürgerentscheid zu erzwingen.

In der Baupolitik ist es nicht anders – auch auf diesem Gebiet sollten Bürgerentscheide in Niedersachsen erlaubt werden. Am Dragoneranger in Weende hatte sich 2021 in der Kommunalwahl gezeigt, wie weit die Stadtverwaltung sich von der Bevölkerung entfernt hatte. Umstrittene Bauprojekte wie Auf der Lieth in Nikolausberg oder das Feuerwehrhaus in Geismar verbessern nicht die Stimmung, Zufriedenheit und das Ansehen der Verwaltung in der Bevölkerung.

Alle abgewiesenen oder nie behandelten Anträge müssen jetzt umgesetzt werden. Die Verkehrswende bekommt in diesen Zeilen konkrete Züge.

Radentscheid 1
Bezüge der Kapitel des Bürgerentscheids zu Rats- und Ortsratsanträgen

  1. Strategiewechsel zur Radverkehrsförderung

1d. Aussetzen der Strategie der Gleichberechtigung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes SPD und Grüne-Antrag 31.05.2018 Ortsrat Geismar und SPD 29.11.2018 zu Verkehrsberuhigung Am Rischen

-> Antwort der Verwaltung vom 28.03.2019:
Eine Verkehrsberuhigung wird abgelehnt, kein einziger von 11 detaillierten Lösungsvorschlägen wird akzeptiert und umgesetzt. Zentraler Punkt der Ablehnungsbegründung:

“Da der Straßenzug von der GöVB-Buslinie 12 befahren wird, sollten keine Maßnahmen ergriffen werden, die das komfortable Befahren durch den Bus beinträchtigen.” (Dies ist ein besonders markantes Beispiel, weil es so klar dokumentiert ist, aber es ist nur eines von vielen.)

1f. Temporäre Kfz-Durchfahrtverbote an Schulen BfnS-Änderungsantrag 06.10.2022 “Verkehrssicherheit an der Hagenbergschule” (probeweise Sperrung der Pappelallee, Schranke oder Poller mit Zugang nur für Dienstfahrzeuge)

-> Antrag im Bauausschuss eingebracht am 22.06.2023:
wurde fast einstimmig ein unveränderter Ursprungsantrag beschlossen, dort nicht zu sperren, sondern stattdessen mit städtischen Haushaltsmitteln den Elterntaxiverkehr zu fördern. Die Baumaßnahmen wurden bis Mitte 2024 nicht in die Wege geleitet. Der Beschlusspunkt im Bürgerentscheid müsste nun zu einer erneuten Prüfung unter der Maßgabe der Einrichtung eines mehrheitlich gewünschten temporären Kfz-Durchfahrtverbots führen.

  1. Sichere Radverkehrsanlagen

2c. Negativbeispiel Danziger Straße

-> Die Verwaltung wurde am 24.11.2019 in einer Stellungnahme mit Fotodokumentation über die Probleme in der Danziger Straße informiert, getan hat sich nichts. Als die Asphaltdecke 2023 nach Tiefbauarbeiten erneuert wurde, wurden genau dieselben problematischen Markierungen erneut so wie vorher aufgebracht.

2e. Bauliches Ermöglichen von Überdachungen bei Radwegeneubau Direkt hierzu gab es bislang keinen Ratsantrag, aber damit verwandt war ein Antrag nach Überdachung eines Radweges:

Piraten-Antrag 13.09.2019: “Überdachung des Radweges an der Robert-Koch-Straße”

-> Ratsantrag, direkt von allen Abgeordneten bis auf F. Welter-Schultes (BfnS) und E. Schu (GöLinke) abgelehnt.

2.2. Protected Bike Lanes

2.2c. Merkelstraße und Friedländer Weg als Einbahnstraßen in gegenläufiger Richtung Piraten-Antrag 17.05.2019 “Merkelstraße und Friedländer Weg werden Einbahnstraßen”

-> Ratsantrag, überwiesen in den Umweltausschuss, dort nie behandelt.

  1. Kreuzungen sicher gestalten

3a. Abmarkieren von Aufstellungsbereichen BfnS-Antrag 17.02.2023 “Fahrradgerechte Markierung der Aufstellfläche Danziger Straße Ost”

-> Ratsantrag, überwiesen in den Umweltausschuss, dort nie behandelt.

3.1 Einmündungen und Grundstückszufahrten

3.1a. Bordsteinabsenkungen an Nebenstraßen Piraten-Antrag 24.10.2019 “Fahrbahnübergänge von Hauptstraßen auf Nebenstraßen ohne harten Bordstein” (Antrag wurde gestellt, nachdem die Verwaltung 2 Jahre zuvor am 24.10.2017 die Zusage gegeben hatte, zukünftig keine harten Bordsteine mehr einzusetzen – und es 2019 wieder getan und sich auf den Standpunkt gestellt hatte, die Zusage sei nie gegeben worden).

-> Antrag im Bauausschuss eingebracht, die Verwaltung wollte eine Vorlage erstellen und legte nie eine vor.

3.1c. Negativbeispiel Hainholzweg

BfnS-Antrag 13.10.2023 “Der Bordstein am Übergang zwischen Park und Hainholzweg wird auf Nullniveau abgesenkt, so wie es vor 2019 der Fall war.”

-> Ratsantrag, überwiesen in den Umweltausschuss, dort nie behandelt.

3.2 Ampeln rad- und fußverkehrsfreundlicher schalten

3.2a. Abschaffung der Bettelampeln

Piraten-Antrag 04.04.2019 “Rücknahme der Bettelampelschaltungen in Göttingen”

-> Ratsantrag, überwiesen in den Umweltausschuss, dort nie behandelt.

3.2d. Anbringen des Fahrrad-Grünpfeils (Zeichen 721 StVO) Piraten-Antrag 25.09.2015 “Fahrrad Grünpfeile” mit detaillierter Liste und Fotodokumentation von 60 geeigneten Stellen im Stadtgebiet

-> Die Verwaltung lehnte die Anregung eines Pilotprojekts ab, später auch die Beteiligung an einem Pilotprojekt, an dem 10 deutsche Städte teilnahmen.

Piraten-Antrag 15.11.2019 “Die Stadt bereitet sich auf die Einführung von Fahrrad-Grünpfeilen vor”

-> Ratsantrag, überwiesen in den Umweltausschuss, dort nie behandelt.

FDP-Antrag 25.08.2020 “Grünpfeil für Radverkehr” (Prüfantrag, wo das Zeichen eingesetzt werden kann)

-> Die Verwaltung stellte klar, dass sie nur einige wenige Stellen beschildern wolle, nicht alle 60.

Grünen-Antrag 29.09.2020 “Anwendung der StVO-Novelle in Göttingen” mit etlichen Kreuzungen, die für den Fahrrad-Grünpfeil geeignet wären.

-> Antrag im Umweltausschuss eingebracht, dort behandelt am 25.01.2022. Die Verwaltung sagte zu zu prüfen, welche Kreuzungen in Frage kämen. Die Ergebnisse der Prüfung wurden bis Mitte 2024 nicht vorgelegt.

Von sich aus brachte die Verwaltung Anfang 2023 einen Fahrrad-Grünpfeil an einer Stelle am Geismar Tor an, die nicht in der Fotodokumentation von 2015 enthalten war, weil die Straßenverhältnisse an dieser Stelle  (querende Straße mit hohem Kfz-Verkehrsaufkommen) nicht den strengen deutschlandweit bekannten Kriterien für die Anbringung des Grünpfeils entsprachen – zwei Wochen später musste die Verwaltung diesen Grünpfeil wieder abmontieren.

  1. Fahrradabstelllanlagen

4b. Fahrradbügel auch in der Fußgängerzone 1 CDU-Antrag 13.12.2019 “600 neue Fahrrad-Parkplätze für die Innenstadt”

BfnS-Antrag 13.03.2020 “1262 weitere Fahrrad-Parkplätze für die Innenstadt”

-> Ratsanträge, die sich örtlich ergänzten, überwiesen in den Bauausschuss, dort am 02.07.2020 behandelt. Die Bügel in der Fußgängerzone 1 waren im CDU-Antrag enthalten. Die Verwaltung lehnte die Fahrradbügel in der Fußgängerzone 1 ausdrücklich ab – die Parteien erhoben keine Einwände und ließen die Verwaltung gewähren.

  1. Planung und Service

5a. Vorrangige Umgestaltung Bürgerstraße und Rosdorfer Weg Grünen-Antrag 17.06.2016 ” Fortsetzung des Radschnellwegs nach Rosdorf – Gefahrlose Anbindung an die Göttinger Südstadt”

-> Ratsantrag, überweisen und am 08.09.2016 und 08.12.2016 im Bauausschuss mit Vorlage behandelt, mehrheitlich dort gegen CDU und FDP beschlossen, danach von der Verwaltung nie umgesetzt.

5b. Baustellen

Piraten und Partei-Antrag 17.11.2017 “Optimierung der Baustellenplanung und darstellung, Baustellenkontrolle” mit Ausschilderungen der Umleitungen für Rad- und Fußverkehr

-> Ratsantrag, auf Antrag der SPD mit Stimmen von SPD und CDU mehrheitlich direkt abgelehnt.

5c. Winterdienst

Piraten und Partei-Antrag 16.02.2018 “Anpassung des Winterräumdienstes für Fahrradwege…”

-> Ratsantrag, die Überweisung in den Umweltausschuss wurde mehrheitlich abgelehnt von SPD, CDU und FDP.

5e. Wegweisung von Radverkehrs-Nebenstrecken Grüne und SPD-Antrag 28.11.2019 Ortsrat Geismar “Ausschilderung einer Fahrradroute Geismar (Hauptstr.) – Albaniplatz”

-> Ortsratsantrag, abgelehnt von der Verwaltung am 30.01.2020.

Grüne und SPD-Antrag 30.11.2023 Ortsrat Geismar “Fahrradroute Geismar (Hauptstr.) – Cheltenhampark / Albaniplatz”

-> Erneut gleichlautender Ortsratsantrag, erneut abgelehnt von der Verwaltung am 29.02.2024.


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –

PM: BfnS begrüßt Bürgerentscheid zum Radverkehr

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung hatte als erste Gruppierung im Rat schon seit Herbst 2023 den Radentscheid unterstützt und begrüßt das Abstimmungsergebnis des Bürgerentscheids.

Mit dem mit 54 % Mehrheit angenommenen Radentscheid 1 müssen viele sinnvolle Maßnahmen nun in die Wege geleitet werden. Das BfnS fordert die Stadt auf, die Personalkapazitäten bereitzustellen, um die Arbeit zu bewältigen.

Dass der Radentscheid 2 mit den konkreten Straßen bei 54 % Nein nicht angenommen wurde, bedeutet, dass die Verwaltung mehr Spielraum bei der Umsetzung der Maßnahmen hat – nicht aber, dass sie nichts von dem umsetzen muss, was dort enthalten war. Erstens haben beachtenswerte 46 % dem zweiten Radentscheid zugestimmt (mit Mehrheiten in der Südstadt, Innenstadt und Nordstadt, darunter in 9 von 20 Wahlbezirken, die von wegfallenden Parkplätzen betroffen wären), und zweitens stehen die Maßnahmen des zweiten Radentscheids etwas offener formuliert auch im ersten Radentscheid.

Von zentraler Bedeutung hierbei: Die Einrichtung von 1,5 km Protected Bike Lanes pro Jahr (Friedländer Weg und Merkelstraße stehen auch im ersten Radentscheid als Beispiel aufgeführt) sowie die sichere Umgestaltung der bestehenden Fahrradstraßen.

“Der abgelehnte Radentscheid 2 ist keine Lizenz zum Ausruhen auf diesem wichtigen Teilgebiet. Etliche im Radentscheid 2 aufgeführte Straßen werden zu denen gehören, die sich die Stadt aussuchen kann, um mindestens 1,5 km Protected Bike Lanes pro Jahr einzurichten. Sie wird sich zeitnah überlegen müssen, wo sie anfängt”, so Francisco Welter-Schultes, Mitglied des Rates. “Ich kann verstehen, wenn im ersten Jahr keine 1,5 km erreicht werden, wie es Herr Look im Deutschen Theater am 12. Juni andeutete. Im zweiten Jahr ist dann aber der Rückstand aufzuholen, was bedeutet, dass der Erwartungswert dann bei 3 km liegt. Darauf kann man sich jetzt schon einstellen.”

Göttingen hat ein für die deutsche Verkehrspolitik einmaliges Zeichen gesetzt. 54 % ist nicht nur eine stabile Mehrheit, sie wurde auch trotz widriger Umstände erzielt. Die Göttingerinnen und Göttinger haben gezeigt, dass sich die Zeiten geändert haben und in einer Großstadt Mehrheiten für eine Änderung in der Verkehrspolitik mit zeitgemäßen Ansätzen erreichbar sind.

Bei faireren Bedingungen wäre die Zustimmung höher ausgefallen. Die Initiatorin erhielt keine Erlaubnis zu plakatieren. Die SPD-geführte Verwaltungsspitze verletzte permanent ihre Neutralitätspflicht, SPD, CDU und FDP warben massiv für ein Nein, teils auch mit Falschinformationen. Fast alle bedeutenden Interessenverbände, die städtische Busgesellschaft GöVB und sogar der Fußballverein FC Grone sprachen sich gegen den Radentscheid aus, egal ob sie betroffen wären oder nicht. Die örtliche Tageszeitung gab solchen Stellungnahmen breiten Raum, brachte jedoch nicht ein einziges Mal ein Interview mit der Initiatorin der beiden anstehenden Bürgerentscheide. Das im Rat vertretene Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung wurde in der Berichterstattung im gesamten Wahlkampf fast vollständig ignoriert. Aber auch die Grünen wurden so behandelt, als wären sie eine 5-Prozent-Partei und nicht die Partei, die seit 2021 die mit 8 % Abstand stärkste Partei in dieser Stadt ist. Auch dass die Linken und die Gewerkschaft ver.di den Radentscheid unterstützten, erfuhr kaum jemand.

Die 54 % sind vor diesem Hintergrund eine erstaunliche Leistung einer gänzlich auf freiwilligem Engagement beruhenden Teilgruppe der Klimaschutzbewegung, die sich rein aus privaten Spenden finanziert.

Wahlanalyse

Anders als die Grünen können wir in unserer Analyse nicht beobachten, dass im Westen Göttingens die Zustimmung geringer ausfiel als in Geismar oder der Oststadt. Auch scheint die fehlende Zustimmung in den eingemeindeten Dörfern wenig mit der schlechten Radweganbindung zu tun zu haben. Ebenso gering wie in Esebeck, Hetjershausen und Knutbühren war die Zustimmung in Roringen und Herberhausen – diese Orte sind gut mit Radwegen an die Stadt angeschlossen.

Auch in anderen Städten wie Erlangen wurde am Sonntag dieser Effekt beobachtet – die Landbevölkerung wählt generell konservativer und kann mit Forderungen nach einer Verkehrswende wenig anfangen. Sie zeigt wenig Verständnis für Menschen im Kernstadtgebiet, die unter zu viel Autoverkehr, Lärm, Abgasen und verstopften Straßen leiden und gerne selbst sicherer mit dem Rad durch die Stadt fahren möchten. Je schlechter die Luft in der Innenstadt und der mit wenig Bäumen bestandenen Nordstadt, desto höher fiel die Zustimmung zum Radentscheid mit teils über 80 % in einigen Wahlbezirken aus.

 Grafik 1: Stimmenanteile in Radentscheid 1

Grafik 2: Stimmenanteile in Radentscheid 2


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –

 

PM: Korrektur der Kostenberechnung des BfnS für den Radentscheid

Die Kostenberechnung des BfnS muss nach den neuesten Entwicklungen ein weiteres Mal nach unten korrigiert werden. Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) hatte in einer Pressekonferenz am 15.05.2024 erklärt, die Kostenschätzung von 39,4 Mio EUR für den ersten Radentscheid müsse nach unten korrgiert werden und 30,9 Mio EUR lauten.

Dies erfordert nun seinerseits eine abermalige Korrektur der Schätzung des Bündnisses für nachhaltige Stadtentwicklung für beide am 09.06.2024 zur Abstimmung stehenden Bürgerentscheide. Der vom BfnS ermittelte Wert lag bisher bei 49,5 Mio EUR.

Er muss nunmehr entsprechend nach unten korrigiert werden und 44,7 Mio EUR lauten.

In dieser Kostenschätzung sind außerdem zwei Korrekturen enthalten:

1.
Die mathematischen Rechenfehler (vor allem die doppelte Einrechnung der Inflation und der Planungskosten für den Umbau der Bürgerstraße) sind herausgerechnet.

2.
Die Inflation ist mit 5 % pro Jahr (anstatt 15 % pro Jahr) bis 2030 angesetzt. Das entspricht dem Durchschnitt der 10 Jahre vor 2022. 2022 und 2023 lagen mit dem Ausbleiben der russischen Gaslieferungen die Baukosten kurzfristig sechs Quartale lang über 10 %.

Die Kosten für daen Bürgerentscheid 1 liegen dann nicht mehr bei 27,3 Mio EUR, sondern bei 22,6 Mio EUR.

Die Kosten für den zweiten Bürgerentscheid liegen nach wie vor bei 29,5 Mio EUR.

Bei einer inhaltlichen Überschneidung von 7,4 Mio EUR ergibt sich ein Gesamtwert von

22,6 Mio EUR + 29,5 Mio EUR  – 7,4 Mio EUR  = 44,7 Mio EUR

Von diesen 44,7 Mio EUR entfallen auf den Umbau der Bürgerstraße 17,8 Mio EUR.

Da es immer wieder Landes-und Bundesfördermittel gibt, kämen auf den städtischen Haushalt etwa 22,4 Mio EUR in sechs Jahren bis 2030 zu.

Das BfnS behält sich vor, diesen Wert noch weiter nach unten zu korrigieren, sollte sich herausstellen, dass die Quadratmeterzahl für den Umbau des Südteils der Bürgerstraße (30.800 qm) um einen dreifach höheren Wert angesetzt war als er tatsächlich auf dem 1000 m langen und 11-12 m breiten Abschnitt sein sollte.


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –

PM: BfnS bedauert Aus für Stockleffmuehlenprojekt

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung bedauert das Aus für das Welthaus-Projekt, mit dem die Ruine der Stockleffmühle in der nördlichen Innenstadt hätte saniert und nachgenutzt werden können.

Die AG Welthaus Göttingen gab am 06.05.2024 das Scheitern der Verhandlungen mit der Verwaltung bekannt und bezeichnete das Verhalten des Baudezernats als Hauptursache.

Das Scheitern hat sich schon seit längerem angedeutet und hätte verhindert werden können. Dass dem Projekt seit der öffentlichen Veranstaltung im August 2023 von Seiten des Baudezernats immer mehr Steine in den Weg gelegt wurden, auch durch Sonderwünsche, hatte sich in der nördlichen Innenstadt schon seit längerem mit Verwunderung herumgesprochen. Seit Anfang des Jahres war zu hören gewesen, dass die Initiatoren mit dem Gedanken spielten aufzugeben. Der Verwaltungsspitze kann nicht entgangen sein, was sich dort abspielte und wie ernst die Lage inzwischen war.

Auch die Oberbürgermeisterin muss sich fragen lassen, warum sie schon zum wiederholten Mal mit einem Sanierungsprojekt in der nördlichen Innenstadt scheitert. Sie setzt inzwischen an jedem Tag im Wahlkampf ihre Zeit und Energie dafür ein, ziviles Engagement für besseren Fahrradverkehr madig zu machen, kann gleichzeitig in der Stadt keine eigenen Erfolge vorweisen und vernachlässigt die Projekte, für die sie sich selber noch vor kurzem eingesetzt hat.

Wer in einer gut besuchten Veranstaltung im Jungen Theater vor vielen hoffnungsvoll blickenden Menschen verspricht, alles zu tun, um dem Projekt zum Erfolg zu verhelfen, steht in der Verantwortung. Offensichtlich ist sie der Aufgabe nicht gewachsen, mit den schwierigen Bedingungen in einer historisch gewachsenen Altstadt so sensibel umzugehen, dass die Hürden im Behördendschungel gemeistert werden können. Wie bei der JVA steht die Verwaltungsspitze wieder vor dem Nichts und muss erneut von vorne anfangen. Die Stockleffmühle wird nun weiter verfallen und die Frage stellt sich, worin hier der Sinn liegen soll.

Egal ob ehemalige JVA, Stockleffmühle oder Radentscheid: Wenn eine Verwaltungsleitung immer nur die teilweise sehr weit hergeholten Bedenken zur Schau trägt, bewirkt sie eine Stagnation in dieser Stadt, in der am Ende sämtliches ziviles Engagement erstickt wird und gar nichts mehr vorangehen kann. Zielgerichtete und engagierte Politik für die Zukunft einer lebenswerten Großstadt sieht anders aus.


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –

PM: BfnS deckt peinliche Mathe-Fehler bei Radentscheid-Kosten auf

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung deckt peinliche Mathe-Fehler bei Kostenkalkulation zum Radentscheid auf.

Es wäre nie aufgefallen, wenn Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) mit ihrer 100 Millionen Euro-Nummer zum Radentscheid nicht die halbe Stadt in Panik versetzt hätte – und GöttingenZero nicht dazu gebracht hätte, die konkrete Kostentabelle der Stadt zu veröffentlichen. Was darin steht, hat es in sich: Durch mehrere peinliche mathematische Denkfehler wurden dem Radentscheid insgesamt 18 Millionen Euro in die Schuhe geschoben, was nie hätte passieren dürfen. Komödienreif ist, dass die beiden Hauptfehler in der Tabelle vom August 2023 zwar perfekt nachlesbar sind – allerdings formatiert in Schriftgröße 4,5.

Noch brisanter: Verantwortlich für die Fehler war Oberbürgermeisterin Broistedt persönlich – sie hat versäumt, eine Endkontrolle durchzuführen und gab die Kostenschätzung heraus, ohne nachzurechnen und ohne alle Tabellen nochmal anzuschauen. Oder wenigstens jemanden damit zu beauftragen, das zu tun. Niemand in der Verwaltung hatte in diesen Tabellen die Übersicht behalten.

Beim ersten Bürgerbegehren hatte die Verwaltung übersehen, die Kosten für das erste Halbjahr 2024 abzuziehen – und hat sich sozusagen 2 Millionen Euro fürs Nichtstun angerechnet. Der Bürgerentscheid findet ja erst im Juni 2024 statt.

Beim zweiten Bürgerbegehren ist der Fehler noch gravierender und summiert sich auf 16,2 Mio Euro – das sind fast 30 % des errechneten Endbetrages. Statt 56,4 hätte dort stehen müssen 40,2 Mio Euro. In der Endkontrolle hätte auffallen müssen, dass beim Umbau der Bürgerstraße fälschlicherweise bereits ganz am Anfang der Rechnung Planungskosten und 5 Jahre Inflation eingerechnet wurden – und dann hinterher in späteren Tabellen nach Hinzufügen der Mehrwertsteuer noch ein zweites Mal. Der Fehler macht 19,5 Mio Euro aus und wird nur dadurch verringert, dass die Verwaltung auch die Zinseszinsrechnung nicht beherrscht und die Inflationswerte um mehrere Millionen Euro falsch berechnet hat – diesmal zugunsten des Radentscheids.

Die Frage stellt sich nicht zum ersten Mal, ob die Stadtverwaltung verantwortlich mit Geld umgehen kann. Denn schon bei der Stadthalle waren Zweifel aufgekommen, ob die Verwaltung ihr Rechenhandwerk versteht.

“Dass die Stadt mit 15 % eine viel zu hohe Inflation angesetzt hat – geschenkt. Aber dieser peinliche Fehler bei der Berechnung der Kosten für den Bürgerstraßen-Umbau hätte nie passieren dürfen. Bereits in der 9. Klasse lernen Schulkinder, was bei Prozent- und Zinseszins-Rechnungen beachtet werden muss – von einer Stadtverwaltung muss ich verlangen können, dass sie sowas kann”, so Francisco Welter-Schultes, Mitglied des Rates.

Da die Kosten Thema im Wahlkampf sind, haben sie eine Bedeutung. Insbesondere die Fehler beim zweiten Bürgerbegehren sind nicht nur hochnotpeinlich, sondern auch gravierend.

Dadurch ändert sich auch die gesamte Radentscheid-Rechnung:
Wenn statt 15 % Inflation ein der Erfahrung nach realistischer Wert von 5 % angesetzt wird, liegen die Kosten des ersten Bürgerbegehrens bei 27,3 Mio EUR, die des zweiten bei 29,5 Mio EUR. Die thematische Überschneidung beträgt 7,4 Mio EUR.

Beide Bürgerbegehren zusammen würden 49,5 Mio EUR kosten, wovon etwa die Hälfte erfahrungsgemäß von Landes- und Bundesfördermitteln getragen wird. Auf die Stadt kämen etwa 25 Mio EUR zu, verteilt auf 6 Jahre.


Hier der Fehler, übertragen in der Originalformatierung (Seite 6 im PDF ‘Kostenschätzung’). Im origianlen Dokument ist diese Tabelle in Schriftgröße 4,5 formatiert. Fehlerhafte Inhalte wurden hier rot eingefärbt:

Zeile 3: “+ 15 % Preissteigerung/a für Bau in 5 Jahren” – wobei hier die Zinseszinsrechnung korrekt angewendet wurde. Alleine das erhöhte die Kosten um 6,9 Mio €.

Zeile 6: “Planungskosten 15% 2.487.311,25 € 15% von Gesamtkosten

Die 15 % Planungskosten kamen in der nächsten Tabelle (Seite 5) dann noch ein zweites Mal hinzu:

Hier hatte sich der Fehler bereits auf 12,8 Mio € erhöht.

Nachdem dann 19 % Mehrwertsteuer auf die bereits eingerechnete Preissteigerung hinzuaddiert wurde, kam dann noch ein zweites Mal die Preissteigerung dazu (Seite 5). Da die Bürgerstraße der größte Einzelposten des Radentscheids ist, hatte dieser Fehler verheerende Auswirkungen auf das Endergebnis. Die Bürgerstraße würde damit über 40 Mio € teuer – und niemandem fiel es auf.

Berücksichtigung von Preissteigerungsindex (ca. 15%/Jahr), Annahme Umsetzung je Jahr ca. 1/6 der Gesamtsumme

Hier wurde allerdings für jedes Jahr nur ein Pauschalwert von + 866.651 € statisch hinzugerechnet – korrekt hätte hier eine Zinseszins-Rechnung angewendet werden müssen. Die anderen Preissteigerungsberechnungen im selben Dokument sind komischerweise richtig.

Unterm Strich hat sich die Stadt im Bürgerbegehren 2 um 16,2 Mio € verrechnet.

> Originales PDF-Dokument “Kostenschätzung Begehren 1 u. 2 u. Anhang” <


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –

PM: BfnS zur Radentscheid-Kostendebatte

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung bezeichnet Äußerungen von Broistedt zu Radentscheid-Kosten als nicht neutral.

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung kritisiert die wiederholten Behauptungen der Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) zu den Radentscheid-Kosten, die inzwischen die halbe Stadt aufwühlen. Die Behauptung, der Radentscheid koste den städtischen Haushalt 100 Millionen Euro, entbehrt nicht nur jeder Grundlage. Das BfnS sieht darin auch eine Verletzung der Neutralitätspflicht und wirft Broistedt eine einseitige Parteinahme gegen die Bürgerentscheide vor.

Weiterlesen: PM: BfnS zur Radentscheid-Kostendebatte

Was die Oberbürgermeisterin verschweigt: Sie selbst schlug in der Ratssitzung am 12.04.2024 in TOP Ö 21 vor, prioritär die Weender Landstraße umzubauen, was genauso teuer ist wie der im Radentscheid geforderte Umbau der Bürgerstraße. In der Verwaltungsvorlage zu TOP Ö 21 heißt es:

“Die Stadt wird weiterhin ihre knappen Personalressourcen für die Umgestaltung von verkehrsreichen und konfliktträchtigen Straßen einsetzen. Dazu gehört nach dem Zukunftsforum die Weender Landstraße und auch die anderen im Bürgerentscheid I genannten Straßen. Zunächst sollen Erfahrungen aus der Umgestaltung der Weender Landstraße gesammelt und dann übertragen werden.”

Für die Bürgerstraße veranschlagt die Stadt etwa drei Viertel der Kosten des zweiten Bürgerbegehrens – das sind etwa 40 Millionen Euro. Die Weender Landstraße umzubauen ist vom Preis und Aufwand ähnlich wie die Bürgerstraße.

“Die Oberbürgermeisterin weiß genau, dass solche Umbauten wie die in der Bürgerstraße oder Weender Landstraße zwar viele Millionen Euro kosten – dass diese Kosten aber nur zu einem kleinen Teil von der Stadt getragen werden, und dass im Verkehrsetat genug Geld für den städtischen Anteil solcher Maßnahmen enthalten ist – ohne Sozial- und Kulturetats angreifen zu müssen. Sie weiß auch, dass es Unterschiede zwischen Ergebnishaushalt und Investitionshaushalt gibt. Broistedts eigene Straßenverkehrsvorhaben werden sicherlich nicht anders finanziert als die des Radentscheids”, so Francisco Welter-Schultes, Mitglied des Rates.

Vollständig von der Stadt getragen werden 12,6 Millionen Euro für die Sanierung von Kfz-Fahrbahnen. Das BfnS kritisiert die im Sommer 2024 vorgesehene Erneuerung der Asphaltdecke in der Bürgerstraße, die am 18.04.2024 im Bauausschuss erläutert wurde.

Wenn der Radentscheid eine Mehrheit erhält, muss die Fahrbahndecke kurz danach wieder aufgerissen und die Fahrbahndecke nach dem Umbau 2028 nochmal aufgetragen werden. Dieses Detail zeigt, dass die Stadt offenbar genug Geld im Verkehrsetat hat, und dass vorausschauende Planung und der sparsame Umgang mit städtischen Geldern dort offenbar gar kein Thema ist.


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –

PM: BfnS kritisiert Verwaltung beim Bauprojekt “Auf der Lieth”

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung kritisiert den Umgang der Stadtverwaltung mit dem Umweltgutachten zum umstrittenen geplanten Bauprojekt “Auf der Lieth” in Nikolausberg. Die Stadt plant dort auf naturfachlich sensiblen Flächen, die sogar einen Biotopverbund mit dem NSG Bratental umfassen, ein Großbauprojekt im Außenbereich.

Weiterlesen: PM: BfnS kritisiert Verwaltung beim Bauprojekt “Auf der Lieth”

Um ein Neubaugebiet im Außenbereich zu planen, muss zunächst einmal ermittelt werden, wie wertvoll die Naturfläche ist, was für Schäden eine Bebauung mit sich bringen würde und wie teuer der Ausgleich wird. Solche Fragen werden in einem Umweltgutachten geklärt. 2017 war in einer Kartierung zum Flächennutzungsplan der Stadt ein Teil der Planungsfläche als Grünland kartiert worden, was eine teure Kompensation zur Folge gehabt hätte.

In dem Gutachten (2019) wurde jedoch die Grünlandfläche plötzlich als Ackerland deklariert, was bei einer Versiegelung weniger teuer im Ausgleich wird. Weil das Gutachten von 2019 fachlich unhaltbar war, wurde 2022 ein zweites erstellt. Das BfnS spricht in einer solchen Situation von einem Gefälligkeitsgutachten: ein Gutachten mit schweren fachlichen Mängeln, das ein für die baupolitischen Ziele der Verwaltung erwünschtes Ergebnis abliefert.

Der Ortsrat wollte beide Umweltgutachten 2022 einsehen, was von der Verwaltung mit der Ausrede “unpassend” abgelehnt wurde. Diese Ausrede war vollkommen unverständlich, da die Gutachten bereits Wochen vorher einem Rechtsanwalt zugeschickt worden waren, der sie problemlos dem BfnS zukommen ließ. Es zeigte sich, dass auch das neue Gutachten mit groben Fehlern und Mängeln behaftet war, welche das BfnS in langen Ausarbeitungen der Verwaltung zukommen ließ. So wurden z.B. nur 8 Vogelarten erfasst. Die Rote Liste über gefährdete Vogelarten fehlte vollkommen. Laut Umweltgutachten (2022) gab es fälschlicherweise keinen Schutzstatus für das „Sonstige mesophile Grünland“ und folglich auch keinen Biotopverbund. Im Umweltausschuss im Februar 2023 kam es zu einer grotesken Situation, in der die Verwaltung argumentierte, es handele sich bei den Papieren, die mit “Umweltgutachten” überschrieben waren, nicht um Umweltgutachten, sondern um “Ersteinschätzungen”, sie aber ein neues Umweltgutachten in Auftrag geben wollte.

Im Ortsrat am 23.11.2023 berichtete die Verwaltung erneut von einem neuen Umweltgutachten, ohne es vorzustellen – auch hier mussten Einwohner trotz eindeutiger Gesetze zur Informationsfreiheit wieder Rechtsanwälte einschalten, um Wochen später die Papiere zu erhalten. Es stellte sich heraus, dass es sich lediglich um Erfassungen von Hamster-, Haselmaus- und Fledermaus-Populationen handelte. Die vielen anderen monierten Mängel der ursprünglichen Umweltgutachten wurden nicht behoben.

“Es kommt uns so vor, wie wenn jemand einen platten Fußball ersetzen soll und mit drei Tennisbällen ankommt, mit dem Argument, damit könne man doch auch Fußball spielen”, so Erhard Langkeit, Mitglied des Ortsrates, der fordert, auch die weiteren Mängel anzugehen.

“Mehrmals hat die Verwaltung die mit öffentlichen Geldern erstellten Gutachten den Interessierten erst nach dem Einschalten von Anwälten zukommen lassen. Der Informationsanspruch steht nach der Gesetzeslage allen zu – was die Verwaltung bei diesem Bauprojekt immer wieder missachtet”, ergänzt Francisco Welter-Schultes, Mitglied des Bauausschusses.

Schon heute sind deutliche Parallelen zum Verhalten der Verwaltung in der IWF-Bauleitplanung am Nonnenstieg erkennbar. Dort wurde 2012 eine Baumkartierung vorgelegt, welche keiner Prüfung standhielt. Die Verwaltung sagte zu, zum Auslegungsverfahren eine korrekte Biotopkarte vorzulegen – was dann am 07.11.2013 nicht eingehalten wurde. Die dort vorgelegte Karte enthielt die alte Biotopkarte in unveränderter Form. Für Nikolausberg befürchtet das BfnS, dass genauso vorgegangen wird.

“Es ist erschreckend, wie die Verwaltung über Jahre hinweg die von ihr zu vertretene nachhaltige Stadtentwicklung selbst ad absurdum führt, um möglichst geringe Kosten bei den Ausgleichsmaßnahmen für den Investor zu verursachen”, so Erhard Langkeit.

Im Gegensatz zur von vornherein investorengesteuerten Stadtplanung im IWF-Großbauprojekt wird in Nikolausberg bereits seit sieben Jahren erfolglos nach einem Investor gesucht. Ursachen dürften die hohen Baupreise und die ungünstige Lage im Außenbereich am verkehrlich suboptimal angeschlossenen äußersten Ortsrand sein.


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –