PM: BfnS deckt peinliche Mathe-Fehler bei Radentscheid-Kosten auf

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung deckt peinliche Mathe-Fehler bei Kostenkalkulation zum Radentscheid auf.

Es wäre nie aufgefallen, wenn Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) mit ihrer 100 Millionen Euro-Nummer zum Radentscheid nicht die halbe Stadt in Panik versetzt hätte – und GöttingenZero nicht dazu gebracht hätte, die konkrete Kostentabelle der Stadt zu veröffentlichen. Was darin steht, hat es in sich: Durch mehrere peinliche mathematische Denkfehler wurden dem Radentscheid insgesamt 18 Millionen Euro in die Schuhe geschoben, was nie hätte passieren dürfen. Komödienreif ist, dass die beiden Hauptfehler in der Tabelle vom August 2023 zwar perfekt nachlesbar sind – allerdings formatiert in Schriftgröße 4,5.

Noch brisanter: Verantwortlich für die Fehler war Oberbürgermeisterin Broistedt persönlich – sie hat versäumt, eine Endkontrolle durchzuführen und gab die Kostenschätzung heraus, ohne nachzurechnen und ohne alle Tabellen nochmal anzuschauen. Oder wenigstens jemanden damit zu beauftragen, das zu tun. Niemand in der Verwaltung hatte in diesen Tabellen die Übersicht behalten.

Beim ersten Bürgerbegehren hatte die Verwaltung übersehen, die Kosten für das erste Halbjahr 2024 abzuziehen – und hat sich sozusagen 2 Millionen Euro fürs Nichtstun angerechnet. Der Bürgerentscheid findet ja erst im Juni 2024 statt.

Beim zweiten Bürgerbegehren ist der Fehler noch gravierender und summiert sich auf 16,2 Mio Euro – das sind fast 30 % des errechneten Endbetrages. Statt 56,4 hätte dort stehen müssen 40,2 Mio Euro. In der Endkontrolle hätte auffallen müssen, dass beim Umbau der Bürgerstraße fälschlicherweise bereits ganz am Anfang der Rechnung Planungskosten und 5 Jahre Inflation eingerechnet wurden – und dann hinterher in späteren Tabellen nach Hinzufügen der Mehrwertsteuer noch ein zweites Mal. Der Fehler macht 19,5 Mio Euro aus und wird nur dadurch verringert, dass die Verwaltung auch die Zinseszinsrechnung nicht beherrscht und die Inflationswerte um mehrere Millionen Euro falsch berechnet hat – diesmal zugunsten des Radentscheids.

Die Frage stellt sich nicht zum ersten Mal, ob die Stadtverwaltung verantwortlich mit Geld umgehen kann. Denn schon bei der Stadthalle waren Zweifel aufgekommen, ob die Verwaltung ihr Rechenhandwerk versteht.

“Dass die Stadt mit 15 % eine viel zu hohe Inflation angesetzt hat – geschenkt. Aber dieser peinliche Fehler bei der Berechnung der Kosten für den Bürgerstraßen-Umbau hätte nie passieren dürfen. Bereits in der 9. Klasse lernen Schulkinder, was bei Prozent- und Zinseszins-Rechnungen beachtet werden muss – von einer Stadtverwaltung muss ich verlangen können, dass sie sowas kann”, so Francisco Welter-Schultes, Mitglied des Rates.

Da die Kosten Thema im Wahlkampf sind, haben sie eine Bedeutung. Insbesondere die Fehler beim zweiten Bürgerbegehren sind nicht nur hochnotpeinlich, sondern auch gravierend.

Dadurch ändert sich auch die gesamte Radentscheid-Rechnung:
Wenn statt 15 % Inflation ein der Erfahrung nach realistischer Wert von 5 % angesetzt wird, liegen die Kosten des ersten Bürgerbegehrens bei 27,3 Mio EUR, die des zweiten bei 29,5 Mio EUR. Die thematische Überschneidung beträgt 7,4 Mio EUR.

Beide Bürgerbegehren zusammen würden 49,5 Mio EUR kosten, wovon etwa die Hälfte erfahrungsgemäß von Landes- und Bundesfördermitteln getragen wird. Auf die Stadt kämen etwa 25 Mio EUR zu, verteilt auf 6 Jahre.


Hier der Fehler, übertragen in der Originalformatierung (Seite 6 im PDF ‘Kostenschätzung’). Im origianlen Dokument ist diese Tabelle in Schriftgröße 4,5 formatiert. Fehlerhafte Inhalte wurden hier rot eingefärbt:

Zeile 3: “+ 15 % Preissteigerung/a für Bau in 5 Jahren” – wobei hier die Zinseszinsrechnung korrekt angewendet wurde. Alleine das erhöhte die Kosten um 6,9 Mio €.

Zeile 6: “Planungskosten 15% 2.487.311,25 € 15% von Gesamtkosten

Die 15 % Planungskosten kamen in der nächsten Tabelle (Seite 5) dann noch ein zweites Mal hinzu:

Hier hatte sich der Fehler bereits auf 12,8 Mio € erhöht.

Nachdem dann 19 % Mehrwertsteuer auf die bereits eingerechnete Preissteigerung hinzuaddiert wurde, kam dann noch ein zweites Mal die Preissteigerung dazu (Seite 5). Da die Bürgerstraße der größte Einzelposten des Radentscheids ist, hatte dieser Fehler verheerende Auswirkungen auf das Endergebnis. Die Bürgerstraße würde damit über 40 Mio € teuer – und niemandem fiel es auf.

Berücksichtigung von Preissteigerungsindex (ca. 15%/Jahr), Annahme Umsetzung je Jahr ca. 1/6 der Gesamtsumme

Hier wurde allerdings für jedes Jahr nur ein Pauschalwert von + 866.651 € statisch hinzugerechnet – korrekt hätte hier eine Zinseszins-Rechnung angewendet werden müssen. Die anderen Preissteigerungsberechnungen im selben Dokument sind komischerweise richtig.

Unterm Strich hat sich die Stadt im Bürgerbegehren 2 um 16,2 Mio € verrechnet.

> Originales PDF-Dokument “Kostenschätzung Begehren 1 u. 2 u. Anhang” <


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