Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung fordert zumutbare Unterkünfte für Obdachlose während Kälte und Pandemie.
Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung kritisiert den Umgang der Stadt mit Obdachlosen in der Pandemie und bei der derzeitigen winterlichen Kälte als zu kaltherzig. In schönen Worten beschreibt der Verwaltungssprecher, jede hilfesuchende Person werde in den städtischen Notunterkünften aufgenommen, niemand bleibe unversorgt.
Doch die Realität sieht anders aus – abgesehen davon, dass die Stadt sich nicht einmal bemüht zu informieren, wo die städtischen Unterkünfte sind, oder eine 24 h erreichbare 0800-Notfallnummer eingerichtet hat.
In den Mehrbettzimmern der Notunterkünfte kursieren Drogen und Alkohol, Obdachlose haben Angst vor Covid-19, sexuellen Übergriffen, Diebstahl und Gewalt. Viele Obdachlose halten die Zustände daher für unzumutbar und verbringen die Nacht stattdessen draußen bei eisiger Kälte. Dem Bündnis ist nicht bekannt, ob es in Göttingen spezielle Unterkünfte für obdachlose Frauen gibt.
Das Bündnis fordert, dass Göttingen wie andere Städte für die Zeit der Pandemie Einzelzimmer in den derzeit weitgehend leerstehenden Hotels oder Hostels anmietet, und die Obdachlosen über die Möglichkeit der Unterbringung informiert. Dies sollte schnell geschehen. Es ist zu befürchten, dass es wie in Hamburg auch in Göttingen zu Todesfällen kommen kann.
“Nicht nur in Göttingen wird berichtet, dass für viele obdachlose Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen ein Aufenthalt in einem Mehrbettzimmer keine Option ist. Dazu zählen Gewalterfahrungen, erlebte sexuelle Übergriffe (vermehrt sprechen dies auch Männer offen aus), sowie Angst vor Corona oder Diebstahl. Zudem möchten viele vermeiden, mit Drogen oder Alkohol in Berührung zu kommen”, so Timo Weishaupt, Professor für Soziologie mit Schwerpunkt Sozialpolitik. “Wenn man sich dieser Realität stellen möchte, dann müssen sozialere Konzepte und Ideen verfolgt werden”, folgert er.
Auch die Einrichtung eines Kältebusses sollte in Erwägung gezogen werden, auch als Möglichkeit sich tagsüber aufzuwärmen. Das Bündnis appelliert an Sparkasse und Banken, ihre Filialvorräume während des Kälteeinbruchs nach Möglichkeit geöffnet zu lassen. Obdachlosigkeit in dem Ausmaß, wie wir es seit einigen Jahren in den Städten beobachten, hat nicht zuletzt mit den gestiegenen Mieten und der dramatischen Verknappung von bezahlbarem Wohnraum zu tun. Ursache ist eine verfehlte Wohnungsbaupolitik, für die SPD und CDU verantwortlich zeichnen. Die Förderung von Sozialwohnungen wurde jahrelang ausgesetzt, obwohl bekannt war, dass Mietpreisbindungen und Belegungsrechte ausliefen. Bis heute versteht die SPD nicht, wie wichtig es ist, den wenigen verbleibenden bezahlbaren Wohnraum zu erhalten.
Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung (Der Vorstand)
Francisco Welter-Schultes, Lukas Flinzberger, Erika Lohe-Saul, Werner Schulze