Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung spricht sich gegen das geplante Baugebiet “Auf der Lieth” in Nikolausberg aus.
Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung spricht sich gegen Pläne aus, die am Südostrand von Nikolausberg gelegene Fläche “Auf der Lieth” zu bebauen. Gründe sind die hohe Bedeutung der Fläche für Klimaschutz und Kaltluftströmung sowie die ökologische Wertigkeit.
“Wir kommen zu dem Schluss, dass eine Bebauung unverantwortlich wäre. Es gibt im Ort bessere Lösungen”, so Erhard Langkeit, Sprecher des Bürgerkreises “Nikolausberg hat Besseres verdient”.
Die Fläche “Auf der Lieth” umfasst 1,5 ha und liegt am südöstlichen Ortsrand im ökologisch hochwertigen Grüngebiet zwischen Roringen, Herberhausen und Nikolausberg. Die Stadt plant dort ein Dienstleistungszentrum mit Seniorenwohnanlage, Wohngruppe mit Demenzkranken, Kita, Krippe, Physiotherapiepraxis, Quartierstreff, sowie Wohnbebauung mit bis zu ca. 130 Wohneinheiten in einem schon jetzt hochverdichteten Viertel mit Verkehrsproblemen.
Im Ort gibt es andere Flächen, die für eine Seniorenwohnanlage und Kita besser geeignet wären. Das Problem bei weiterer Ansiedlung von Wohnbevölkerung ist der hohe Grad der Motorisierung in dem hochgelegenen Gebiet. Trotz guter Busanbindung nutzen die meisten Bewohner des Ortes täglich das Auto. Nikolausberg hat nur eine einzige Zufahrtstraße. Das Bündnis fordert außerdem eine Untersuchung, warum so viel Wohnraum in der unmittelbaren Umgebung der neu zu bebauenden Fläche in Nikolausberg gegenwärtig leer steht. Neubau und Flächenverbrauch sind insbesondere dann, wenn in den Häusern gegenüber die Mietwohnungen leer stehen, nicht zu verantworten.
Die Fläche wurde im Rahmen der Erstellung des Flächennutzungsplans 2017 aus dem Landschaftsschutzgebiet Leinetal entnommen und für eine Wohnbebauung ausgewiesen [1]. In einer fachlichen Bewertung im Hinblick auf die Bebaubarkeit waren Unzulänglichkeiten enthalten, die sich dem Stadtentwicklungs-Bündnis nun bei näherem Hinsehen als Fehler entpuppten. So wurde die Bedeutung der Fläche in diesem Steckbrief [2] als Ausgleichsraum so beschrieben, als würde die Nord-Süd-Kaltluftströmung um das Gebiet herum fließen – eine Annahme, für die es keine Anhaltspunkte gegeben haben kann. In der abschließenden Bewertung wurde dieser Parameter dann mit einem + versehen, und damit eine Bebauung empfohlen. Das Bündnis fordert eine Korrektur der Bewertung. Auch wurde die Fläche als Acker bezeichnet, ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es handelt sich um Grünland mit Strauch-Baumhecken, mit einem gesetzlich geschützten Kalkmagerrasen unmittelbar bergab an die Grünfläche angrenzend [3]. Im Steckbrief steht jedoch, keine geschützten Biotope angrenzend.
Das Bündnis beobachtet in Nikolausberg ein generelles Muster, das auch auf andere Flächen zutrifft: Die Stadt weist Flächen als Landschaftsschutzgebiet aus und lässt diese solange im LSG, bis die Eigentümer die wirtschaftlich nicht nutzbaren Flächen an die Stadt verkaufen. Die Stadt gelangt so auf billige Weise an Flächen – ein einziger Ratsbeschluss, und schon sind sie Bauland. Einziger Nachteil: genau das sind die Flächen, die nach Jahrzehnten ohne Störung die höchste Naturwertigkeit am Rand der Stadt aufweisen. Was für eine Bedeutung Kaltluftströme für eine Großstadt haben, hatte vor 30 Jahren noch niemand auf dem Schirm. Klimaschutzziele wurden erst später beschlossen. Nun stehen plötzlich Klima- und Naturschutz den alten Planungsstrategien im Weg.
“Es scheint so zu sein, dass man verzweifelt nach bebaubaren Flächen in Göttingen sucht und die in Selbstverpflichtung aufgestellten Ziele des Klimaplans hinten anstellt”, so Langkeit.
Die Fläche “Auf der Lieth” ist ähnlich problematisch wie die am Dragoneranger. Beide sind wichtige Kaltluftentstehungs- und strömungsgebiete, beide liegen in naturfachlich hochwertigen Bereichen. Das Bündnis fordert für beide Flächen einen Planungsstop in der Bauleitplanung und eine Rückführung in den Landschaftsschutz. Angesichts dessen, dass Göttingen alle Klimaziele reißt, kann die Stadt nicht so weitermachen wie in den vergangenen 40 Jahren und eine ökologisch und klimatisch sensible Naturfläche nach der anderen aus dem Landschaftsschutz entlassen und versiegeln.
Quellen
[1] Umweltausschuss 24.01.2017, Anlage 22: “Anlage 3.3_7.5 Auf der Lieth – Nikolausberg”https://ratsinfo.goettingen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=14130 [2] Umweltausschuss 24.01.2017, Anlage 6: “Steckbriefe, Wohnen und Gewerbe”, dort Seite 85
https://ratsinfo.goettingen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=14036 [3] Bauausschuss 19.03.2015, Anlage 13: “3 Plan 5 Schutzgut Arten und Biotope_Blatt2”
https://ratsinfo.goettingen.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=11659
Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung (Der Vorstand)
Francisco Welter-Schultes, Lukas Flinzberger, Erika Lohe-Saul, Werner Schulze