PM: BfnS begrüßt Bürgerentscheid zum Radverkehr

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung hatte als erste Gruppierung im Rat schon seit Herbst 2023 den Radentscheid unterstützt und begrüßt das Abstimmungsergebnis des Bürgerentscheids.

Mit dem mit 54 % Mehrheit angenommenen Radentscheid 1 müssen viele sinnvolle Maßnahmen nun in die Wege geleitet werden. Das BfnS fordert die Stadt auf, die Personalkapazitäten bereitzustellen, um die Arbeit zu bewältigen.

Dass der Radentscheid 2 mit den konkreten Straßen bei 54 % Nein nicht angenommen wurde, bedeutet, dass die Verwaltung mehr Spielraum bei der Umsetzung der Maßnahmen hat – nicht aber, dass sie nichts von dem umsetzen muss, was dort enthalten war. Erstens haben beachtenswerte 46 % dem zweiten Radentscheid zugestimmt (mit Mehrheiten in der Südstadt, Innenstadt und Nordstadt, darunter in 9 von 20 Wahlbezirken, die von wegfallenden Parkplätzen betroffen wären), und zweitens stehen die Maßnahmen des zweiten Radentscheids etwas offener formuliert auch im ersten Radentscheid.

Von zentraler Bedeutung hierbei: Die Einrichtung von 1,5 km Protected Bike Lanes pro Jahr (Friedländer Weg und Merkelstraße stehen auch im ersten Radentscheid als Beispiel aufgeführt) sowie die sichere Umgestaltung der bestehenden Fahrradstraßen.

“Der abgelehnte Radentscheid 2 ist keine Lizenz zum Ausruhen auf diesem wichtigen Teilgebiet. Etliche im Radentscheid 2 aufgeführte Straßen werden zu denen gehören, die sich die Stadt aussuchen kann, um mindestens 1,5 km Protected Bike Lanes pro Jahr einzurichten. Sie wird sich zeitnah überlegen müssen, wo sie anfängt”, so Francisco Welter-Schultes, Mitglied des Rates. “Ich kann verstehen, wenn im ersten Jahr keine 1,5 km erreicht werden, wie es Herr Look im Deutschen Theater am 12. Juni andeutete. Im zweiten Jahr ist dann aber der Rückstand aufzuholen, was bedeutet, dass der Erwartungswert dann bei 3 km liegt. Darauf kann man sich jetzt schon einstellen.”

Göttingen hat ein für die deutsche Verkehrspolitik einmaliges Zeichen gesetzt. 54 % ist nicht nur eine stabile Mehrheit, sie wurde auch trotz widriger Umstände erzielt. Die Göttingerinnen und Göttinger haben gezeigt, dass sich die Zeiten geändert haben und in einer Großstadt Mehrheiten für eine Änderung in der Verkehrspolitik mit zeitgemäßen Ansätzen erreichbar sind.

Bei faireren Bedingungen wäre die Zustimmung höher ausgefallen. Die Initiatorin erhielt keine Erlaubnis zu plakatieren. Die SPD-geführte Verwaltungsspitze verletzte permanent ihre Neutralitätspflicht, SPD, CDU und FDP warben massiv für ein Nein, teils auch mit Falschinformationen. Fast alle bedeutenden Interessenverbände, die städtische Busgesellschaft GöVB und sogar der Fußballverein FC Grone sprachen sich gegen den Radentscheid aus, egal ob sie betroffen wären oder nicht. Die örtliche Tageszeitung gab solchen Stellungnahmen breiten Raum, brachte jedoch nicht ein einziges Mal ein Interview mit der Initiatorin der beiden anstehenden Bürgerentscheide. Das im Rat vertretene Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung wurde in der Berichterstattung im gesamten Wahlkampf fast vollständig ignoriert. Aber auch die Grünen wurden so behandelt, als wären sie eine 5-Prozent-Partei und nicht die Partei, die seit 2021 die mit 8 % Abstand stärkste Partei in dieser Stadt ist. Auch dass die Linken und die Gewerkschaft ver.di den Radentscheid unterstützten, erfuhr kaum jemand.

Die 54 % sind vor diesem Hintergrund eine erstaunliche Leistung einer gänzlich auf freiwilligem Engagement beruhenden Teilgruppe der Klimaschutzbewegung, die sich rein aus privaten Spenden finanziert.

Wahlanalyse

Anders als die Grünen können wir in unserer Analyse nicht beobachten, dass im Westen Göttingens die Zustimmung geringer ausfiel als in Geismar oder der Oststadt. Auch scheint die fehlende Zustimmung in den eingemeindeten Dörfern wenig mit der schlechten Radweganbindung zu tun zu haben. Ebenso gering wie in Esebeck, Hetjershausen und Knutbühren war die Zustimmung in Roringen und Herberhausen – diese Orte sind gut mit Radwegen an die Stadt angeschlossen.

Auch in anderen Städten wie Erlangen wurde am Sonntag dieser Effekt beobachtet – die Landbevölkerung wählt generell konservativer und kann mit Forderungen nach einer Verkehrswende wenig anfangen. Sie zeigt wenig Verständnis für Menschen im Kernstadtgebiet, die unter zu viel Autoverkehr, Lärm, Abgasen und verstopften Straßen leiden und gerne selbst sicherer mit dem Rad durch die Stadt fahren möchten. Je schlechter die Luft in der Innenstadt und der mit wenig Bäumen bestandenen Nordstadt, desto höher fiel die Zustimmung zum Radentscheid mit teils über 80 % in einigen Wahlbezirken aus.

 Grafik 1: Stimmenanteile in Radentscheid 1

Grafik 2: Stimmenanteile in Radentscheid 2


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
– Der Vorstand –