PM: Radverkehr in der Fußgängerzone

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung befürwortet eine zeitlich begrenzte Freigabe der Fußgängerzone für den Radverkehr.

Das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung (BfnS) unterstützt einen Antrag von SPD, CDU und FDP im Rat am 17.06.2022, die Fußgängerzone von 23 bis 7 Uhr für den Radverkehr freizugeben. Die von ProCity in einer Pressemitteilung dagegen vorgebrachten Bedenken hält das Bündnis für kaum nachvollziehbar. Das BfnS befürwortet jedoch eine zeitlich etwas weitergehende Freigabe.

Im 2017 vom Rat beschlossenen Radverkehrsentwicklungsplan hatte das Fachbüro AB Stadtverkehr dazu geraten, die Fußgängerzone “außerhalb der Geschäftszeiten” freizugeben. Trier, Kleve und Köln, die vom Büro beraten worden waren, haben damit gute Erfahrungen gemacht. In Trier und Kleve, wo dieselben Lieferzeiten gelten wie in Göttingen, ist die Fußgängerzone von 19 bis 11 Uhr für Fahrräder frei. In Köln sind die Fußgängerzonen ganz freigegeben, nur in zwei Straßen ist es werktags von 11 bis 20 Uhr nicht erlaubt.

Die von ProCity geäußerte Erwartung, viele Radfahrer würden sich nach einer Freigabe “Fußgängern gegenüber höchst rücksichtslos” verhalten und wie im Busring viel zu schnell durchfahren, erscheint unangemessen. Die Straßenzüge unterscheiden sich optisch. Unbelegbar die Aussage, “nur wenige Radfahrer” würden die zeitliche Begrenzung einsehen, die meisten würden ganztägig durchfahren.

“Ich werde der Überweisung des Antrags zustimmen und plädiere für eine Freigabe außerhalb der Geschäftszeiten”, so Francisco Welter-Schultes, Mitglied des Rates. “ProCity überspannt den Bogen und argumentiert weder sachlich noch seriös. Zeitlich begrenzte Durchfahrterlaubnisse sind weltweit üblich und bewährt. Das Fahrverhalten im Busring, der als Straße angelegt ist, lässt sich nicht übertragen. Radfahrer*innen tendieren dazu auszuweichen, sobald genug Platz da ist, sie wollen sich ja nicht selber gefährden. Nachts ist genug Platz.”

Köln gab 2016 die Fußgängerzone frei, weil neue Verbindungen für den Radverkehr geschaffen werden sollten. Vor dem Hintergrund der erfolgreichen Beratungstätigkeit in Westdeutschland hatte Göttingen 2016 dasselbe Büro beauftragt, scheiterte aber bislang an der Umsetzung. Die Radverkehrszahlen an den Zählstellen haben seit 2014 abgenommen, der Autoverkehr nimmt zu.

Dass ProCity “keinen Mangel an Verbindungen von Radwegen in der Innenstadt” erkennen kann (“Das Gegenteil ist der Fall!”), deutet auf mangelnde Kenntnisse über den Durchgangsradverkehr hin. Anders lässt sich die Aussage “so dass die Innenstadt für Radfahrer schon jetzt von jeder Stelle aus leicht und schnell durchfahren werden kann” nicht erklären.

Das Hauptproblem ist die Ost-West-Durchfahrt, die durch den Riegel der Weender Straße versperrt ist. Es geht vor allem um die Verbindung Oststadt-Theaterstraße-Prinzenallee-Bahnhof. ProCity hat offenbar keine Vorstellung davon, wieviel Zeit man verliert, wenn man den Riegel umfahren oder schieben muss. Nachts ist es zudem insbesondere für Frauen ein Sicherheitsaspekt, wenn sie die direkten Wege fahren dürfen und nicht zu Umwegen gezwungen werden.


Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung Göttingen
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